„Meine Damen und Herren, ich bin romantisch und ich schwärme so für die Natur. Und ich gehe rasend gern spazieren, grad im Frühling, über Wald und Flur.“
„In einer Nacht im Mai“, Schlager von 1938
Ihr Lieben!
Laaaaaange habe ich nichts mehr von mir hören lassen. Nicht, weil ich nichts erlebt hätte, vielmehr weil mir immer entweder Zeit oder Muse fehlte – meistens beides.
Aber nun ist mein Sommerurlaub da und ich versuche aufzuholen.
Irgendwann habe ich schon einmal geschrieben, dass mir Wandern irgendwie mehr zusagt als Joggen oder Walken. Dies scheint sich immer mehr zu verfestigen. Außnahmen gibt es, wie mein nächster Blogeintrag zeigen wird, aber in diesem bleibt es beim Wandern.
Als Kind war ich mit meinen Eltern oft im Wald unterwegs. Mein Vater meinte immer, es gäbe nichts schöneres, als durch einen stillen, einsamen Wald zu laufen. Für ein Kind gibt es – so denn nicht grade ein Reh, ein Wildschwein oder ähnliches Getier zu sehen ist – wohl nichts langweiligeres. Glücklicherweise handelte es sich dabei immer nur um Sonnntagnachmittagsspaziergänge – nach etwa einer Stunde waren sie vorbei.
Nun geht es mir wie – vermutlich – vielen Leuten: Ich möchte eigentlich nicht wie mein Vater sein. Aber in dieser Hinsicht kann ich meine Abstammung wohl nicht verleugnen.
Inzwischen ist es das schönste für mich, durch einen einsamen Wald zu wandern, nur die Vögel, das Rauschen des Windes in den Bäumen und meine eigenen Schritte zu hören.
Das mag kitschig klingen, ist es vielleicht auch, aber es liegt für mich eine unglaubliche Erdung darin.
Mag sein, dass auch beim Walken oder Joggen der Kopf irgendwann frei wird, aber beim Wandern habe ich das quasi sofort nach dem Loslaufen. Wichtig dabei ist, dass mir dabei – im Idealfall – keine oder nur wenige Menschen über den Weg laufen. Vermutlich bin ich doch ein unverbesserlicher Eigenbrötler und der geborene Einsiedler. 😉
In Hinblick auf die Strecken schraube ich mich kontinuierlich nach oben. Begonnen habe ich – im Rückblick betrachtet – mit Spaziergängen während meiner Nabel- und Leistenbruchzeit. Da ich sonst nichts machen konnte – sowohl vor als auch nach den Operationen – bin ich eben spazieren gegangen.
Inzwischen habe ich mir eine Trennlinie gezogen, nach der ich festlege, wo Spazierengehen aufhört und Wandern beginnt. Das mag sich leicht manisch anhören, aber da ich ja nach wie vor Kalorien zähle, spielt die Unterscheidung tatsächlich eine Rolle.
Alles unter 10 km läuft bei mir unter „Spaziergang“, alles darüber unter „Wanderung“. Letzteres ist allerdings fast nur am Wochenende möglich, dann für eine Strecke von 12 – 14 km (in etwa mein Durchschnitt) brauche ich trotz flottem Schritts zwischen zwei und zweieinhalb Stunden. Das ist Werktags zeitlich einfach nicht unterzubringen.
An einem der vielen Feiertage im Mai habe ich mir mein bisher ambitioniertestes Ziel gesetzt, nämlich einen Teil des Frankfurter Grüngürtels abzulaufen. Für alle Nicht-Frankfurter zur Erklärung: Rund um Frankfurt liegt ein etwa 65 km langer – wie Wikipedia es nennt – ringförmig um die Kernstadt von Frankfurt am Main verlaufender Freiraum. Teilweise berührt der Weg Stadtteile von Frankfurt, manchmal läuft man sogar quer durch einen solchen. Meistenteils geht der Verlauf aber durch Wälder, Wiesen und Felder.
Eigentlich wollte ich auf diesem Weg ein Teilstück von etwa 22 km zurücklegen. Nachdem ich aber hier und da abgekürzte – Orte, die ich sowieso regelmäßig bewandere, wie etwa den Lohrberg, habe ich ausgespart – und die App, mit der ich meine Laufstrecken aufzeichne, mehrfach abgestürzt war, hatte ich irgendwann den Überblick verloren, wie weit ich denn nun tatsächlich gelaufen war. Also hängte ich noch ein Stückchen dran.
Im Nachhinein kam ich auf eine Strecke von über 27 km in etwa 4,5 Stunden (Pausen nicht mitgerechnet). Da war ich doch etwas erstaunt, zumal ich gar nicht so erledigt war, wie ich das schon bei den anberaumten 22 km vermutet hätte.
Vielleicht hört es sich nach Angeberei an, aber wenn ich so etwas über mich schreiben kann, bin ich schon ziemlich stolz auf mich. Immerhin bin ich noch vor zwei Jahren nach drei, vier Kilometern absolut fertig gewesen.
Und die Bestätigung, wie beweglich ich geworden bin, kommt manchmal sogar unverhofft. Als ich neulich bei einer Wanderung im Taunus den 34 m hohen Pferdskopfturm erklommen hatte, stand ein fremder Mann oben auf der Aussichtsplattform und meinte anerkennend: „Wow! Sie waren aber schnell oben!“
Das Überraschenste dabei ist für mich nach wie vor, dass mir die Bewegung wirklich Spaß macht. Mein Leben lang fand ich Bewegen immer eher doof – selbst als Kind. Inzwischen werd ich schon total unruhig, wenn ich mal zwei bis drei Tage nicht rausgekommen bin und Wochenenden mit Dauerregen sind nicht nur wegen des Wetters versaut, sondern viel mehr deshalb, weil definitiv nur ein kurzer Spaziergang drin ist.
Auch wenn ich das sicher schon mehrfach geschrieben habe – ich kann mir heute nicht mehr vorstellen, wie ich mit meinem Höchstgewicht von 188,8 km überhaupt leben konnte. Eine Arbeitskollegin meint ja, ich wäre inzwischen wie ein Ex-Raucher, der ständig die Noch-Raucher verteufelt. Tatsächlich kann ich manche Leute, die ähnliche Massen herumschleppen, wie ich das all die Jahre getan habe, nicht verstehen – weil ich mich in dieser Hinsicht auch nicht verstehen kann.
Vermutlich brauche ich doch mal eine Therapie, um die Gründe meines Fettseins und das Geheimnis meines plötzlichen Durchhaltevermögens zu ergründen … 😉
So viel für den Moment! Mehr das nächste mal – dann mit meinen Erlebnissen beim J. P. Morgan Lauf.
Euer
Holger
Ich habe euch ein paar Bilder von meinen Wanderungen zwischengestreut. Diese zeigen:
Titelbild: Blick vom Feldberg (Taunus)
Bild 1: Im Wald, irgendwo im Hochtaunus
Bild 2: Auf dem Grüngürtelwanderweg – Blick vom „Berger Hang“
Bild 3: Auf dem Grüngürtelwanderweg – An der Nidda
Bild 4: Blick vom Pferdskopfturm (Taunus)