Both Sides Now

Hallo ihr Lieben!

Ich starte mal mit etwas Humor, ehe es dann im zweiten Teil meines heutigen Blogs etwas unlustiger wird. Das Titelbild entstand auf der Heimfahrt von einer Fortbildung, die ich mit einer Kollegin besuchen durfte.
Die Aufschrift hat sofort mein Komikzentrum getroffen und so schnell hatte ich wohl noch nie während des Autofahrens mein Smartphone aus der Hosentasche gezerrt um es meiner beifahrenden Kollegin zum Fotografien in die Hand zu drücken …

Was gibt es sonst noch zu erzählen? Ich laufe im Juni beim Frankfurter J.-P.-Morgan-Lauf mit! Sind zwar nur 5,6 Kilometer, aber wenn ich bedenke, dass ich die vor zwei Jahren vermutlich nicht mal als Spaziergang geschafft hätte …
Schuld ist eine Anfrage aus unserer Firmenzentrale, ob sich denn in unserem Haus eventuell ein paar Leute fänden, die mitlaufen wollen würden. Zunächst waren wir nur drei, dann vier (die vierte Kollegin wurde quasi zwangsverpflichtet). Inzwischen sind wir sechs oder sieben Läufer. Mal sehen, ob da noch was dazu kommt oder ob es eher wieder weniger werden … 🙂

Das man manchmal jemanden Unrecht tut, weil man – wie es auf englisch heißt – das Buch nach dem Einband beurteilt, hat sicher jeder schon mal erlebt. Ich heute auch wieder.
Kleine Vorgeschichte: In meinem Wohnhaus gibt es je Etage drei Wohnungen. Ich habe meine in der Mitte, links und rechts jeweils zwei alleinstehende Herren im gesetzteren Alter. Der eine wohl so etwa Mitte, Ende 50, der andere wohl Anfang 60.

Letzter war schon frühberentet, als ich vor sieben Jahren hier eingezogen bin und hatte etwas seltsame Gewohnheiten. Morgens waren die Rollos meistens bis 10 Uhr unten, wenn man abends nach 19 Uhr noch mal bei ihm klingelte, stand er schon im Schlafanzug da.
Außerdem schien er öfters mal ziemlich angeschickert. In letzter Zeit war er auch öfters mal nicht da. Wie mir seine (vermutlich) Schwester erzählte, als sie mal zum Briefkasten leeren hier war, war er wohl einige Male im Krankenhaus.

Da ich von kurzen „Hallo und Tschüß“-Begegnungen keinen weiteren Kontakt zu ihm hatte, wirkte das auf mich (der ich ja einige Jahre mit Menschen mit diversen Drogenproblemen  gearbeitet habe), wie ein Alkoholiker, dem seine Sucht mit steigendem Alter körperlich mehr und mehr zusetzt.

Heute Abend klingelte es dann an meiner Wohnungstür. Davor stand der andere Nachbar und teilte mir mit, dass der mutmaßliche Alkoholiker verstorben sei. Schon vorletztes Wochenende. Da war ich nicht zu Hause, hab also auch nicht mitgekriegt, dass von Rettungswagen über Polizei wohl alles aufgeboten war bei uns.
Da die beiden Nachbarn sind wohl näher kannten, wusste er mir auch zu erzählen, dass der verstorbene Nachbar wohl schon länger mit einer Krebserkrankung kämpfte, deshalb auch in letzter Zeit diverse Male im Krankenhaus war und es ihm eigentlich wieder etwas besser ging. Aber offenbar hatte er keine Lust mehr, denn er ist nicht einfach gestorben, sondern hat sich wohl das Leben genommen.

Vom kurzen Schrecken abgesehen, bin ich jetzt nicht am Boden zerstört oder so. Dafür kannte ich ihn zu wenig und auch mein letzter und mein derzeitiger Job, bei denen der Umgang mit dem Tod praktisch eine Normalität ist, sorgen dafür, dass man nicht so ganz nah am Wasser gebaut ist. Aber wirklich erschreckend finde ich, wie schnell man sich sein Bild von einem Menschen zimmert – und wie weit es von der Wirklichkeit entfernt sein kann.

Nur selten werden einem beide Seiten offenbar. Um es mit Joni Mitchells „Both Sides Now“ zu sagen:

I’ve looked at life from both sides now
From win and lose and still somehow
It’s life’s illusions I recall
I really don’t know life at all

Ich wünsche euch was! Vorallem viel Gesundheit …

Euer
Holger

Veröffentlicht von

Halbaer

Mein Name ist Holger und ich habe zwischen 2014 und 2016 mein Gewicht halbiert, bin also quasi ein HALber BAER geworden.

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