J. P. und ich

Wenn mich irgendjemand vor zwei Jahren gefragt hätte, ob ich jemals freiwillig an einem Massenlauf teilnehmen würde, hätte ich das definitiv verneint.
Aber wie so vieles sich im Laufe der Zeit ändert, so hat sich auch meine Meinung dazu verändert und als vor einigen Monaten die Anfrage kam, ob Mitarbeiter unserer Einrichtung am J. P. Morgan Firmenlauf (Offiziell: J. P. Morgan Corporate Challenge) teilnehmen möchten, habe ich spontan zugesagt.

Eigentlich war das ja etwas voreilig. Ich hatte gerade erst mit dem Joggen angefangen und wusste nicht, ob ich eine Strecke von 5,6 km durchhalte. Jeder, der auch nur ab und an mal joggen geht, wird über eine solche Distanz lachen, aber zu einem Zeitpunkt als ich vielleicht ungefähr 3,5 km am Stück schaffte, war da durchaus noch das Risiko zu versagen.

Wenn ich jedoch eines seit dem Beginn meiner Abnahme gelernt habe, dann dass ich in der Regel viel mehr kann, als ich mir selbst zutraue. Inzwischen ist mein Selbstvertrauen in dieser Hinsicht natürlich schon größer geworden, aber ab und an bin ich da trotzdem noch etwas zögerlich.

Zehn Läufer waren in unserem Haus zusammengekommen. Davon zwei etwas älter als ich, der Rest von Anfang 20 bis Anfang 30. Wie es immer bei solchen Geschichten ist: Einige Leute springen kurz vorher – aus welchen Gründen auch immer – ab. Wir fanden aber schnell Ersatz und so ging es dann am Nachmittag des 15.06.16 von unserer Arbeitsstätte (etwa 20 km südlich Frankfurts) mit Bus und S-Bahn nach Mainhattan.

Zu diesem Zeitpunkt regnete es in Strömen und auch wenn für den frühen Abend besseres Wetter angesagt worden war, hatte ich mich damit abgefunden im Regen zu laufen, was ab einer gewissen Regenintensität nun mal ziemlich eklig ist.
Bei unserer Mutterfirma in Frankfurt angekommen, bekamen wir noch einige Informationen zum Davor und Danach und hatten auch Zeit, noch ein bißchen zu entspannen.

Ich nutzte die Zeit um mir erst mal die Brustwarzen abzukleben. Inzwischen weiß ich ganz genau, dass ich mir spätestens ab dem 4. Jogging-Kilometer den Wolf an diesen empfindlichen Stellen laufe und sorge vor.

Um kurz vor 18 Uhr marschierte die komplette Truppe (wir plus ca. 25 Läufer unserer Muttergesellschaft) los und standen kaum 15 Minuten später auf dem Goetheplatz, einem von zwei Startpunkten zum J. P. Morgan Lauf. Tatsächlich war das Wetter inzwischen umgeschlagen. Ein blauer Himmel mit ein paar einzelnen Wölkchen blickte auf uns herab und eigentlich wäre es toll gewesen, genau zu diesem Zeitpunkt loszulaufen.

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Aber der Start war erst für 19:30 Uhr anberaumt und vermutlich würden wir angesichts der Menschenmassen sogar noch wesentlich später loskommen. Also standen wir uns erst mal die Beine in den Bauch, bekamen ab und zu einen Wasserball an den Kopf (Wer um Himmels Willen lässt sich einfallen, zwei Dutzend Wasserbälle in eine wartende Menge zu werfen?) und überlegten uns genau, ob wir nun einen Schluck Wasser mehr oder weniger trinken sollten, denn der Weg zum nächsten Dixie-Klo war von Menschenmassen versperrt.

68.119 Läuferinnen und Läufer (und somit der größte Firmenlauf der Welt) sollen lt. J. P. Morgan gestartet sein. Und ich mittendrin!

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Der Startschuss fiel pünktlich um 19:30 Uhr und wir – standen. Und standen. Und standen.
Etwa zehn Minuten nach dem offiziellen Start kam langsam Bewegung in die Masse und schließlich übertrat ich die Startlinie 16 Minuten und 21 Sekunden nach dem eigentlichen Beginn.

Die ersten 200, 300 Meter konnte man allerdings nicht von joggen sprechen. Vielmehr ein mehr oder weniger schnelles gehen, bis sich die Massen etwas zerstreuten und es tatsächlich möglich war zu laufen. Und ohne Anzugeben: Obschon einer der ältesten Säcke unseres Teams, habe ich die meisten meiner Mitstreiter erst wieder nach dem Ziel gesehen.

Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man nun normalerweise alleine läuft oder ob um einen herum tausende von Menschen unterwegs sind; dazu kommen ja noch viele Zuschauer am Straßenrand. Fakt ist jedenfalls: Ich bin noch nie so angenehm und beschwingt gelaufen. Zwar hat es ziemlich genervt, dass viele Leute sich offenbar entschlossen hatten, aus dem Lauf einen Spaziergang zu machen und das nicht am Straßenrand, wo sie niemanden gestört hätten, sondern mittendrin.

Somit war man gezwungen, um sie herum zu laufen, was gar nicht so leicht ist, wenn man darauf achten muss, von hinten nicht auch noch überrannt zu werden. Manchmal hat mich das ordentlich ausgebremst und auch wenn es mir eigentlich nicht darum ging, eine Spitzenzeit zu laufen – so etwas wurmt einen dann schon …

50 Minuten und 34 Sekunden nach dem offiziellen Beginn war es dann für mich zu Ende. Ich passierte die Zielline – mit einer persönlichen Bestzeit von 34:13 Minuten und bekam danach erst mal das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Erst recht, als ich dann merkte, dass nur zwei Mitläufer aus meinem Team vor mir im Ziel angekommen waren.
Beide 10 und 15 Jahre jünger und jeweils geschätzte 20 kg leichter als ich. Es sei ihnen gegönnt!

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Im Nachhinein waren wir uns alle einig, dass wir im nächsten Jahr wieder dabei sein wollen. Für mich ist dieser Abend ein großer persönlicher Triumph gewesen – einfach weil ich es geschafft habe. Von fast 190 kg zum J. P. Morgan Lauf, das ist doch schon was … 🙂

Euer
Holger

Veröffentlicht von

Halbaer

Mein Name ist Holger und ich habe zwischen 2014 und 2016 mein Gewicht halbiert, bin also quasi ein HALber BAER geworden.

2 Gedanken zu „J. P. und ich“

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